Wie ja schon berichtet (könnt ihr hier nachlesen), war ich dieses Jahr auf der Anlegermesse “Invest”. Der erste Stand, der mich dort ziemlich offensiv ansprach, war ein Stand, der mit der Anlage in Osmium war. Das sogenannte “Osmium Institut” empfahl Osmium als das neue (und bessere) Gold.
“Schon mal was von Osmium gehört? Osmium ist viel seltener als Gold und damit bald auch wertvoller!”
Osmium? Davon hatte ich noch nie gehört!
Mein erster Gedanke: Wo wird das Zeug überhaupt gehandelt?
Ich wollte an dem Stand eigentlich noch weitere, kritische Fragen stellen, allerdings war dort viel Gedrängel und der zuständige “Experte” leider gerade nicht zur Hand.
Das Thema nimmt nun offenbar zu und so stieg mein Interesse an dem Thema erneut. In Zeiten niedriger Zinsen und hoher Inflation suchen sich die Leute ganz natürlich neue Anlagehäfen und da kommt so eine wunderliche, glitzernde und Wertsteigerung versprechende Investition in ein Edelmetall vielen gerade recht.
Also fing ich ein bisschen an zu recherchieren und wenn ich einmal anfange zu suchen, dann kann ich mich kaum noch stoppen 🙂
Nach und nach fand ich erste spannende Punkte:
- Da gab es Leute auf Facebook, die mit beeindruckenden Charts auf Osmium aufmerksam machten.
- Da sah ich Interviews des Geschäftsführers eines “Institutes für Osmium”, der ohne Punkt und Komma sprach und jedem Eskimo mit Leichtigkeit Kühlschränke und Klimaanlagen verkaufen könnte.
- Da fand ich spannende Details über die Giftigkeit in Wikipedia
- Da führte ich ein Gespräch auf Twitter mit einem Vertreter der Osmium Branche, der so einiges über andere Vertreter dieser Branche zu berichten wusste
… und am Ende muss ich bremsen, um hier nicht noch mehr Zeit zu investieren. Denn eigentlich hatte ich schon ausreichend Informationen, um zu einem Ergebnis zu kommen.
Ein paar Fakten
Reden wir doch mal über ein paar Fakten. Das Thema gibt eine Unmenge von Informationen her, mit denen man die Leute unnötigerweise überfrachten kann und die der Laie in aller Regel nicht überprüfen kann oder will. Aufgepasst, das ist ein verkäuferischer Trick. Die Leute so lange zutexten, bis diese kaum noch in der Lage sind, auf die wesentlichen Punkte zu schauen. Man ist dann so beladen mit (unnützen) Detailwissen, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht.
Davon sollte man sich aber nicht irritieren lassen. Als Investor kommt es stets auf eine überschaubare Anzahl von wichtigen Punkten an und die haben mit Chemie überhaupt nichts zu tun.
Wenn wir aber ein paar Fakten berücksichtigen wollen, die sich konkret auf Osmium beziehen, dann vielleicht diese:
- Osmium ist sehr selten und gehört zu den Edelmetallen
- es gibt nur wenige Anwendungsfälle, Beispiele: “Spitzen von Füllfederhaltern, phonographischen Abtastnadeln, Wellen und Zapfen im Instrumentenbau” (Quelle: Wikipedia)
- Metallisches Osmium gilt als harmlos.
- Osmiumtetroxid ist giftig.
- aber: “Da an der Luft aus pulverförmigem metallischem Osmium stets geringe Mengen Osmiumtetroxid entstehen, ist auch bei dieser Form des Elements Vorsicht geboten” (Quelle: Wikipedia)
Der letzte Punkt ist verkäuferisch katastrophal und wird daher kaum erwähnt. Alleine die theoretische Wahrscheinlichkeit (sei es auch noch so unrealistisch) würde bei potenziellen Interessenten verheerende Wirkung hinterlassen. Wer würde sich schon Gold kaufen wollen, wenn es eine minimale Wahrscheinlichkeit gäbe, dass Gold giftig wirken könnte?
Grundsätzlich kann bei Osmium künftig und bei entsprechender Handelbarkeit ein Wertzuwachs erfolgen. Die folgenden Gründe verbieten jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt jegliches Investment.
Hier kommen die Gründe, die Sie nachdenklich machen sollten
Die erste vier Gründe sind noch etwas weicher, zusammen genommen ergibt es aber eine starke Aussage. Der letzte Grund allerdings ist das “Killer-Argument”.
Grund 1:
Es wird ein sehr verkäuferischer Ton angeschlagen. Alles, was ich so lese und höre lässt mich dabei etwas aufschrecken. Warum zieht man überhaupt diese “Verkaufs-Show” ab?
Wirklich lukrative und ertragreiche Investments müssen nicht “verkauft” werden. Sie werden “gekauft”. Professionelle Investoren hätten längst alle Osmium Bestände aufgekauft, wenn es sich tatsächlich um eine so lukrative Anlageform handeln würde.
Dann störe ich mich noch an der oftmals genutzten Bezeichnung “Institut”. Soll natürlich total offiziell und seriös klingen. Der Geschäftsführer ist dann auch ein “Direktor”, trägt weißen Kittel und ist natürlich total wissenschaftlich unterwegs (Ironie off).
Lassen Sie sich von der Namensbezeichnung (Institut, Akademie oder was sonst noch) nicht beeindrucken. Es ist nur eine Bezeichnung.
Der Name “Osmium-Verkaufs-Bude” käme aus Marketing-Sicht sicherlich weniger gut an.
Grund 2:
Die Leute, die Osmium vertreiben dürfen, benötigen keinerlei Lizens und bewegen sich im grauesten und dunkelsten Kapitalmarkt ohne jede Aufsicht. “Direktinvestment ohne Rückzahlungsvereinbarung”.
Ich zitiere einen Text eines “Institutes”, welches gerne “Partner” gewinnen möchte:
Ich zitiere mal ein paar Passagen:
“Interesse am Edelmetall ist zunächst das, was Sie für den Vertrieb von Osmium benötigen. Alles Weitere erfahren und bekommen Sie von uns.”
Auf gut deutsch: Wenn Sie vorher Metzger, Busfahrer oder Bademeister waren ist das vollkommen egal.
Wie Sie das Zeug vertickern lernen Sie wahrscheinlich in einem Abendkurs oder einem Online-Seminar.
Die Qualität der Beratung kann ich mir schon lebhaft vorstellen. Der Kunde kriegt gesagt, was er hören möchte. Die beim Verkauf winkende Provision steht im Vordergrund.
Hier entstehen regelmäßig totale Pleiten für Anleger
Grund 3:
Es ist schwer für Sie die Echtheit zu überprüfen. Irgendein Siegel reicht dafür jedenfalls nicht aus. Es ist ebenso ein Unding, wenn der Verkäufer des Osmiums gleich mal noch ein Echtheitszertifikat mit ausstellt. So etwas macht (naturgemäß) überhaupt keinen Sinn.
Grund 4:
Diese Zertifikate, die gerne mal ausgestellt werden, um eine Investition zu unterstreichen sehe ich überaus kritisch.
Mir wurden schon viele Zertifikate vorgelegt, um irgendeinen Besitz nachzuweisen. Leider sind viele dieser Zertifikate das Papier nicht wert.
Machen Sie sich klar: Jeder kann Zertifikate ausstellen, um darin irgendetwas zu verbriefen. Jede Verbriefung ist aber nur so gut, wie der Aussteller dieser.
Zertifikate sind für mich also eine weitere “red flag”
Hier übrigens ein Beutler-Zertifikat…hinterlegt mit 100 kg Gold. Doch, ganz ehrlich…es lagert bei mir unterm Sofa… 🙂
Grund 5:
Der Grund haut jetzt wirklich rein und sollte das absolute No-Go für alle Investoren sein.
Preise können willkürlich angehoben werden!
Charts können frei gezeichnet werden!
Ich zitiere mal wieder eine entsprechende Website:
“Bitte beachten Sie, dass hier ein Preis und kein Kurs angezeigt wird, da kristallines Osmium nicht an der Börse gehandelt wird.”
Ein Preis ist kein Kurs! Ein Preis kann festgesetzt werden. Ein Kurs bildet sich nach Angebot und Nachfrage. Ein kolossaler Unterschied.
An der Stelle sind Manipulation und Irreführung Tür und Tor geöffnet.
Fazit
Jetzt konnte ich euch hoffentlich erfolgreich davon abhalten, eine so windige Anlage einzugehen.
Update vom 21.12.2022: Diese Passagen eines aktuellen Handelsblatt-Artikel unterstreichen meine Aussagen, dass ihr von Osmium besser die Finger weglässt: Link zu den Passagen aus dem Artikel
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Also bleibt dabei: Investiert in Wissen!