Am 22.06.2022 verkündet der amerikanische Automobilkonzern seine Entscheidung. Seit Monaten zittern die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im spanischen Valencia und dem deutschen Standort Saarlouis um deren Arbeitsplatz. Für die betroffenen Menschen eine grausame Situation. Für den Autobauer hingegen eine ideale Ausgangsposition, die so auch gnadenlos ausgenutzt wurde.
FORD ist in der Angelegenheit tief entspannt. Die Situation könnte nicht komfortabler sein. Beide Standorte und deren Politiker buhlen um die Gunst von FORD, um die Arbeitsplätze für die jeweilige Region zu erhalten.
Jetzt entscheidet sich FORD also für Spanien und gegen Deutschland. Jede Entscheidung für eine Sache ist auch immer eine Entscheidung gegen eine andere Sache. Sollte man nun auf FORD sauer sein? Ist jetzt FORD-bashing angesagt? Ich verstehe, dass die Emotionen hochkochen und dabei mache ich den ArbeitnehmerInnen sowie deren Familien und Freunde dabei nicht den geringsten Vorwurf. Die Hoffnung war sicherlich groß und nun bricht sich eben die große Enttäuschung bahn.
Die Politik reagiert empört
Auch in der Politik reagiert man (natürlich) empört und spricht von mangelnder Fairness. Spätestens jetzt würde ich gerne an die Spielregeln im Kapitalismus erinnern. Dabei möchte ich den beteiligten PolitikerInnen keine Vorwürfe machen, die sicherlich im Rahmen ihrer begrenzten Möglichkeiten hier alles ausschöpften, was ging.
Gute Worte und das pochen auf Fairness haben im Kapitalismus dieser Ausprägung keinen Platz. FORD ist börsennotiert!
Was am Ende zählt sehen Sie komprimiert und übersichtlich in einer einzigen Grafik, auch Chart genannt. In diesem Kurs-Chart der FORD Aktie sind alle Informationen und Kennzahlen des Konzerns enthalten. Eine wichtige davon ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis. Darin geht es nur (!) um den Gewinn in Relation zum Kurs. Am Ende soll der Aktienkurs steigen. Die Aktionäre verlangen dies vom Management.
Auch FORD ist am Ende machtlos
Die Verantwortlichen von FORD sind in ihrer Entscheidung den entsprechenden Spielregeln des Kapitalismus daher unterworfen und können und dürfen hier nicht nach Sympathie oder aufgrund vieler warmer Worte entscheiden. Fairness spielt hier überhaupt keine Rolle. Leider. Viel mehr steht man im Spannungsverhältnis vieler Interessen. Am Ende ist man auch dort mehr oder weniger machtlos!
Am schwersten wiegen die Interessen der Aktionäre und damit der Eigenkapitalgeber. Vor ihnen müssen sich die Verantwortlichen auf der Hauptversammlung rechtfertigen. Wenn Rendite nicht stets im Vordergrund steht, dann gibt es Ärger, Druck und der Management-Stuhl wackelt bedenklich. Am Ende zählt für die Kapitalgeber rund um die Welt nur der Profit. Ob das Werk in Spanien oder Deutschland steht, spielt für die allermeisten keine Rolle. Auch der Käufer, der am Ende sein Auto zu einem möglichst günstigen Preis kaufen will, kümmert sich doch am Ende nicht um “Fairness”, sondern will einen möglichst niedrigen Preis bezahlen.
Die Reise nach Detroit zur Geschäftsführung hätte man sich natürlich auch sparen können. Es hätte gereicht, wenn man dem Konzern so viele Subventionen und Steuererleichterungen gegeben hätte, dass der Standort in Saarlouis unterm Strich schlicht günstiger geworden wäre. Das hätte man auch mit einem Telefonat erledigen können. Oder gar E-Mail.
Bei gleichem Output zählen ausschließlich die Kosten, insbesondere die Lohnkosten.
Reaktionen in den sozialen Medien
Darauf habe ich Anke Rehlinger bei Twitter auch aufmerksam gemacht.
Eine weitere Reaktion von Ulrich Commerçon lässt auch darauf schließen, dass er sich entweder nur vordergründig echauffiert oder so tut, als kenne er die Regeln im Kapitalismus nicht.
Bei dem ganzen Thema musste ich die ganze Zeit an eine äußerst sehenswerte Dokumentation denken, die von einem Werk in Frankreich handelte. Der Film macht nachdenklich und zeigt die Schattenseiten der Globalisierung.
Auch bei Thermomix entschied man sich schon vor einigen Jahren für die billigen Arbeitslätze in China. Nur ein Beispiel von vielen: “Die Thermomix-Nachricht, die uns elektrisieren sollte” Am Ende wurde hier der Thermomix nicht günstiger, dafür aber die Marge für die Kapitalgeber größer.
Amazon und Walmart…Giganten mit einem feinen Unterschied
Genauso Amazon. Der Konzern gehört zu den wertvollsten Unternehmen der Welt. Dabei ist Amazon viel wertvoller als Walmart, obwohl der Umsatz von Walmart teilweise sogar größer ist.
Der wichtigste Grund: Amazon kommt mit viel weniger Arbeitsplätzen aus. Am Ende steigert das den Gewinn enorm. Dies wird von den Aktionären wiederum belohnt.
Wir reden hier also nicht um eine Banalität, sondern um eine der fundamentalsten Grundregeln unseres Wirtschaftssystems. Der Kapitalismus ist auf Wachstum und Effizienzmaximierung ausgelegt.
Hier fehlt eine ausgleichende und gemeinwohlorientierte Größe, die bei der Bewertung an den Märkten der Welt einen wesentlichen wirtschaftlichen Einfluss haben sollte. Hier sollte man offen für Ideen sein. Das Patentrezept habe ich hier leider auch nicht.
Eine Veränderung bzw. Anpassung des Kapitalismus erscheint an der Stelle jedenfalls dringend notwendig. Daran können aber lokale Politiker in all ihrer Aufgeregtheit am wenigsten verändern. Hier muss schon ein weitaus größeres Rad gedreht werden.