Kündigungsbedingte Mittelabflüsse in offenen Immobilienfonds können irgendwann dazu führen, dass die Fondsmanager dieser Immobilienfonds gezwungen sind, einzelne Objekte zu verkaufen. In dem Moment muss man sich wohl oder übel von Objekten trennen, die eigentlich sehr lukrativ sind. Das kann für den Fonds zum Problem werden, wenn man nicht den in den Büchern angesetzten Verkaufspreis am Markt erzielt.
Das Problem ist bekannt und nachdem man diese Massenflucht aus Immobilienfonds in der Finanzkrise 2008 erlebt hatte, wurden entsprechende Maßnahmen getroffen. Fortan gab es Mindesthaltedauer und Kündigungsfrist. Anteile mussten also mindestens zwei Jahre gehalten werden und bei Rückgabe 12 Monate vorher gekündigt werden.
Zudem konnte man begehrte Immobilienfonds immer sehr gut auch über die Börsen verkaufen, so dass das Problem der Kündigungsfrist lange Zeit nicht vorhanden war.
Dann kam es zu einem historischen Zinsanstieg, siehe Grafik:
Es folgte eine größere Bewegung von Anlegern, die den Fonds zunehmen Liquidität entziehen. Jetzt zeigt sich, welche Fonds einen gesunden Bestand haben und sich die nötige Liquidität durch Verkäufe am Markt besorgen können. Aber passen die Verkaufspreise zu den von den Gutachtern berechneten Objektpreisen? Das wird man dann sehen, wenn der Fonds zum Verkauf gezwungen wird.
Ich muss ganz offen zugeben, dass auch ich diese Situation unterschätzt habe. Mich stört derzeit ganz besonders die Intransparenz über die aktuelle Liquiditätslage der Fonds. Jeder Anleger, der vom Herdentrieb erfasst nun auch kündigt, macht die Situation ungünstiger für die in den Fonds verbleibenden Anleger.
Bleiben alle drin, dann dürfte es auch für alle kein großes Problem geben. Zumindest dann, wenn der Fonds einen gesunden Bestand hat. Aber wie verhält sich nun jeder Einzelne individuell?
Die Situation erinnert ans “Gefangenen-Dilemma”.
Diese Konstruktionsschwäche wurde vom Markt (und auch von mir) unterschätzt. Ich werde in einem kommenden Gespräch mit einem Fondsmanager eines Immobilienfonds diese Schwächen ansprechen. Können Immobilienfonds-Investments künftig so noch funktionieren? Finden dieses Fonds wieder zur alten Stärke zurück?
Mein Gespräch mit dem Immobilienexperten und Vorstand, sowie Fondsmanager des offenen Immobilienfonds “WERTGRUND Wohnselect D” (WKN: A1CUAY) findet am 17.10. um 19:30 Uhr live auf YouTube statt: https://youtube.com/live/WIdZJTMn7mg
Sicherlich hängt vieles vom Zinsniveau ab. Fallen die Zinsen nun wieder drastisch, dann könnte es schon bald wieder zur umgekehrten Situation kommen. Die Fonds werden mit Geld überschüttet. So war es noch vor wenigen Jahren.
Die obige Grafik stammt aus diesem Artikel.
Der direkte Draht
Ich hatte mich kürzlich telefonisch mit dem Management des “Fokus Wohnen Deutschlands” unterhalten. Dieser Immobilienfonds hat eine gesunde Struktur und viele, gestreute Objekte im Wohnimmobilienmarkt, die gut vermietet sind. Dieser Fonds war einer meiner Favoriten in dem Bereich.
Folgende Aussagen konnte ich dort entlocken:
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Es gibt keine einheitliche Meinung der Gutachter. Einer wertet derzeit noch ab, der andere eher auf
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man geht aktuell von keinen weiteren Wertanpassungen mehr aus
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bei einzelnen Objekten wird sogar schon wieder aufgewertet
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Der Gesamtertrag konnte gesteigert werden (auch die Mietanpassungen)
Aussagen von Fondsexperte Ali Masarwah findet man in seinem Blog.
Unter anderem diese hier:
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Der Zinsausblick deutet auf eine Entspannung für den Immobiliensektor hin.
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Die Kurserholung bei Immobilienaktien signalisiert, dass die zyklische Talsohle in der Immobilienbranche erreicht sein könnte.
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Sofern es keine Verwerfungen in diesem Herbst gebe, könnten die Renditen der Fonds 2025 wieder steigen.
Aber auch er betont, dass es keine verstärkten, weiteren Abflüsse geben sollte, sonst muss man sich eben leider von guten und wichtigen Objekten trennen.
Entspannend wirkt vielleicht auch, dass es ausnahmsweise eine Rücknahmemöglichkeit der (eigentlich) unwiderruflichen Kündigung gibt.
Wer es sich also noch mal anders überlegt, der könnte von dieser Erholung profitieren und diese gleichzeitig wahrscheinlicher machen, in dem auf die Kündigung doch verzichtet wird.
Fazit:
Meine Meinung zu dieser Fondsart hat sich erst mal grundsätzlich ins negative verändert. Das Problem ist nicht die Qualität der einzelnen Immobilien, sondern viel mehr die Probleme durch die Konstruktion. Hier war mein Blick nicht ausreichend geschärft. Erst kommt die Konstruktion, dann der Inhalt.
Mal sehen, ob mich die künftigen Gespräch mit dem Management dieser Fonds noch mal milde stimmen können.
Wenn man sich die offenen Immobilienfonds genauer anschaut, dann sollte man grundsätzlich unterscheiden zwischen den offiziellen Preisen der Anteile (NAV) und die an der Börse gehandelten Kurse. Hier werden derzeit unrealistisch niedrige Kurse angesetzt. Die Angst der Anleger wird hier gezielt und unerbittlich durch Schnäppchenjäger ausgenutzt.
Ergänzend gibt es zu diesem Thema auch mein Gespräch mit Professor Dr. Walz: